zum vergrößern auf Bild klicken

Download als PDF

Lenkungskreis Biosphärengebiet Schwäbische Alb stimmt Gebietserweiterung zu

Rechtliches Ausweisungsverfahren startet 2025

Am 23. Oktober 2024 hat der Lenkungskreis Biosphärengebiet Schwäbische Alb über die Erweiterung des Biosphärengebiets entschieden. Dabei wurde das Einbringen weiterer Flächen von 16 Mitgliedskommunen sowie der Beitritt von sechs neuen Kommunen zum Biosphärengebiet einstimmig beschlossen. Zudem hat sich das Gremium darauf verständigt, dass das rechtliche Ausweisungsverfahren für die Erweiterung des Biosphärengebiets Schwäbische Alb gestartet wird.

Der Lenkungskreis Biosphärengebiet Schwäbische Alb traf sich am 23. Oktober 2024 zur turnusmäßigen Herbstsitzung im Alten Schulhaus in Gruorn auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen. Neben dem grundsätzlichen Ja zur Gebietserweiterung haben die Mitglieder der geplanten Zonierung der Erweiterungskulisse in Entwicklungs-, Pflege- und Kernzonen sowie Änderungen der bestehenden Zonierung zugestimmt.

Die Zustimmung der Stadt- und Gemeinderäte zur Gebietserweiterung samt Festlegung von Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen liegt in allen 22 Kommunen vor. Die Mehrzahl der Beschlüsse war einstimmig. Es gab keine Kommune, deren Gemeinderat nach Durchlaufen des intensiven partizipativen Planungsprozesses die Gebietserweiterung abgelehnt hat. Insgesamt beschlossen 16 Kommunen, die bereits Flächen in der Gebietskulisse haben, weitere Bereiche in das Biosphärengebiet einzubringen. Im Landkreis Reutlingen sind dies die Kommunen Bad Urach, Gomadingen, Hayingen, Lichtenstein, Münsingen, Reutlingen, Sankt Johann und Zwiefalten. Im Alb-Donau-Kreis zählen zu diesen Kommunen Ehingen / Donau, Heroldstatt, Lauterach und Schelklingen. Im Landkreis Esslingen sind es die Kommunen Bissingen a. d. Teck, Beuren, Dettingen u. Teck und Weilheim a. d. Teck. Zudem beschlossen die sechs Kommunen Engstingen, Hohenstein, Sonnenbühl (alle Landkreis Reutlingen), Allmendingen, Blaubeuren und Rechtenstein (alle Alb-Donau-Kreis) neu dem Biosphärengebiet beizutreten.

Nach der vorliegenden Planung wird die Fläche des Biosphärengebiets um
42 Prozent auf über 120.000 Hektar anwachsen. In Summe werden etwas mehr als 1.100 Hektar neue Kernzone, knapp 5.500 Hektar neue Pflegezone und knapp 30.000 Hektar neue Entwicklungszone ausgewiesen. Zwei Drittel der neuen Kernzonen werden im Kommunalwald und ein Drittel im Staatswald
(ForstBW) ausgewiesen. Auch der Bundesforst beteiligt sich an neuen Kernzonen. Der von der UNESCO geforderte Mindestanteil von drei Prozent Kernzone wird damit auch weiterhin erfüllt. Der Lenkungskreis bedankte sich ausdrücklich beim Bundesforst, ForstBW und den Kommunen für das Einbringen weiterer Kernzonen. Die Pflegezone wird künftig einen Anteil von 33 Prozent des erweiterten Biosphärengebiets umfassen, die Entwicklungszone einen Anteil von 64 Prozent. Mit der Zustimmung des Lenkungskreises wird im nächsten Schritt das rechtliche Ausweisungsverfahren zur Erweiterung des Biosphärengebiets gestartet. Dieses soll im Laufe des Jahres 2025 abgeschlossen werden. Damit wird das erweiterte Biosphärengebiet ab Januar 2026 rechtskräftig verankert sein. Daraufhin folgt die Abgabe des erforderlichen Antrags auf erneute UNESCO-Anerkennung an das MAB-Nationalkomitee.

Der Lenkungskreisvorsitzende und Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser fasste den Beschluss zusammen und bedankte sich bei allen Beteiligten: „Es ist ein tolles Zeichen für dieses Modellprojekt, dass der Lenkungskreis heute einstimmig der Gebietserweiterung zugestimmt hat. Diese ist das Ergebnis eines partizipativen Prozesses, an dem in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren intensiv gearbeitet wurde. Ich danke allen Akteurinnen und Akteuren, die daran mitgewirkt haben. Somit können wir in den kommenden Monaten mit dem rechtlichen Ausweisungsverfahren beginnen.“

Weitere Themen der Sitzung waren die nächsten Schritte im Rahmen der Gebietserweiterung sowie aktuelle Projekte auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz, die der Leiter des Bundesforstes Heuberg Marco Reeck dem Gremium vorstellte. Zudem wurde Landrat Marcel Musolf als Nachfolger von Heinz Eininger als neues Mitglied des Lenkungskreises Biosphärengebiet Schwäbische Alb begrüßt.

Hintergrundinformation Gebietserweiterung:
Der Startschuss der Planungen zur Erweiterung des Biosphärengebiets erfolgte nach der Übergabe der UNESCO-Urkunde an Ministerpräsident Kretschmann im April 2022. Diese bescheinigte die erfolgreiche turnusgemäße Überprüfung des Biosphärengebiets und die Erneuerung der UNESCO-Anerkennung für die kommenden zehn Jahre.

Die Überprüfung des bestehenden Biosphärengebiets sollte abgewartet werden, bevor eine Erweiterung geplant wird. Den konkreten Erweiterungsplanungen geht ein inzwischen zweieinhalb Jahre andauernder freiwilliger Beteiligungsprozess voraus. Im Rahmen von über 100 Infoveranstaltungen, Workshops, Gemeinderatssitzungen und weiteren Gesprächen auf kommunaler Ebene wurde über das Biosphärengebiet und die Erweiterung informiert sowie Chancen und Herausforderungen diskutiert. Durchschnittlich nahmen an jeder Infoveranstaltung ca. 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer teil, wobei einzelnen Veranstaltungen auch bis zu 200 Personen beiwohnten.

Für die Suche von Kernzonen kamen nur Waldflächen im Eigentum der öffentlichen Hand, also keine Privatwälder in Frage. Das Thema der Kernzonen wird in der Region unterschiedlich betrachtet. Einige begrüßen diese „Urwälder von morgen“ als Fortschritt für die Erhaltung der Artenvielfalt. Von anderen wird die Ausweisung neuer Kernzonen als erforderliches Eintrittsgeld in das Biosphärengebiet oder auch mit Skepsis bis hin zur Ablehnung angesehen. Unabhängig davon, alle Bedenken wurden ernst genommen und gemeinsam gelöst. Mit den bestehenden 2.645 Hektar Kernzonen kann zudem auf 15 Jahre Erfahrung mit Kernzonen zurückgeblickt werden. Zu den Sorgen zählen beispielsweise Einkommensverluste durch die fortan nicht mehr mögliche Holznutzung. Durch die Generierung von sogenannten Ökopunkten kann eine wirtschaftliche Kompensation erfolgen. Kritisch begleitet wird auch das Schließen von manchen Wegen in Kernzonen. Daher fanden für jeden einzelnen Kernzonenvorschlag Workshops statt, um zu klären, welche Wege künftig noch nutzbar bleiben sollen und welche Wege geschlossen werden können.

Zu den Teilnehmenden zählten die Kommunalverwaltungen, der Schwäbische Albverein, Radwegebeauftragte der Landkreise, die Kreisforstämter, ForstBW, Naturschutzbehörden, die Bergwacht und weitere Akteurinnen und Akteure. Im Ergebnis können etablierte Wanderwege weiterhin begangen werden, ebenso wie Wege, die es zur Bewirtschaftung von Flächen braucht, die hinter einer Kernzone liegen.
Weitere Hintergrundinformationen zur Gebietserweiterung sind online unter https://www.biosphaerengebiet-alb.de/gebietserweiterung zu finden.

Zusammenstellung von Fragen zum Beitritt der Gemeinde Hohenstein zum Biosphärengebiet Schwäbische Alb (Fokus auf landwirtschaftliche Themen)

Vorteile und Chancen, die sich monetär beziffern lassen (finanzielle Anreize):

  • Lage im BSG berechtigt zur Antragstellung für eine anteilige Finanzierung von Modellprojekten über das BSG-Förderprogramm (aktuell 200.000 Euro pro Jahr) in allen Handlungsfeldern des BSG.
  • Fläche im BSG (sofern nicht bereits Lage in einem Schutzgebiet) berechtigt zur Antragstellung für Mittel der Landschaftspflegerichtlinie für Maßnahmen zur Förderung der Landschaftspflege und Erhaltung der Biodiversität, u.a. auch Investition in kleine landwirtschaftliche Betriebe, Investition in die Verarbeitung und Vermarktung naturschutzgerecht produzierter Erzeugnisse (z.B. bauliche Anlage oder technische Einrichtung), Investition für Landschaftspflege (Maschinen, Geräte oder technische Hilfsmittel).
  • Bessere Chancen bei der Einwerbung von Drittmitteln von z.B. Stiftungen, Förderprogrammen und Unternehmensspenden.
  • Einkommenssteigerung durch BSG-Tourismus in Höhe von 16 Mio. Euro / Jahr : Generierung zusätzlicher direkter Einkommen (z.B. Gehälter, Beherbergungsbetriebe, Gastronomie) und indirekter Einkommen (z.B. Vorleistungen wie Bäcker, Dienstleister, Handwerker) durch Tages- und Übernachtungsgäste, die wegen des BSG die Region bereisen.

Weitere Chancen und Vorteile:

  • Stärkung einer nachhaltigen und naturschutzorientierten Regionalentwicklung durch Herstellung von Win-Win Situationen für Unternehmen, Landnutzer, nachhaltiger Tourismus, Verarbeitungsbetriebe, Erhalt der biologischen Vielfalt und Gesellschaft. Beispiele:
    • Förderung der Artenvielfalt z.B. durch Kernzonen, biodiversitätsfördernde Maßnahmen und Besucherlenkung (ökologischer Aspekt);
    • Förderung der Vermarktung regionaler und nachhaltiger Produkte, der regionalen Wertschöpfung und des nachhaltigen Tourismus (ökonomischer Aspekt), z.B. Regionalmarke Albgemacht, Bienenstrom oder Biomusterregion;
    • Stärkung der Bildungsarbeit bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen (z.B. durch Biosphärenschulen, Biosphären-Kitas oder die Angebote der außerschulischen Bildungspartner) und Stärkung des Gedankens der inklusiven Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung (z.B. Kooperationsprojekt „Der Weg ist das Ziel“) mit der BruderhausDiakonie Buttenhausen, dem Samariterstift Grafeneck und der Arbeit in Selbsthilfe inklusiv gGmbH Mössingen (sozialer Aspekt).
  • Marketingvorteile für Kommunen, Unternehmen und weitere Akteur*innen durch UNESCO-Label des BSG.
  • Mehr Nachhaltigkeit in der Entwicklungszone und Verbesserung des Nachhaltigkeitsimages (Außen- und Innenwahrnehmung) der Kommune und der Akteur*innen, die sich das BSG zu Nutze machen.
  • Förderung fachlicher und politischer Vernetzungsmöglichkeiten.
  • Steigerung des Zusammengehörigkeitsgefühls mit anderen BSG-Kommunen und Akteuren.
  • Ggfls. Wettbewerbsvorteil im interkommunalen Wettbewerb.
  • Anreize zur Förderung des freiwilligen Engagements für eine nachhaltige Regionalentwicklung.
  • Förderung der regionalen Identität durch das BSG (Aufwertung der Heimat durch UNESCO-Modellregion, Erhalt der Kulturlandschaft und historisch-kulturelles Erbe).
  • BSG ist ggfls. ein Standortfaktor für die Ansiedlung und Investitionen von Unternehmen (z.B. Gastronomie, nachhaltiger Tourismus, verarbeitendes Gewerbe).
  • Förderung des Engagements für eine nachhaltige Entwicklung.
  • Vereinfachung des Zugangs zu Beratungsleistungen durch Geschäftsstelle des BSG und weiterer BSG-Akteure (Behörden, Kommunen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen und weitere Institutionen).
  • Mitgestaltung der Region und Gesamtentwicklung des BSG über Vertreter*innen im Lenkungskreis, BSG-Verein und Rahmenkonzept.
  • BSG ist eine Plattform zur Vorbereitung auf die Zukunft und Erprobung von modellhaften Lösungen für regionale Herausforderungen.
  • Beitrag zur Erhaltung von Infrastruktur (Gastronomie, Läden, touristische Dienstleistungen).
  • Die Geschäftsstellen des BSG mit 23,5 Personalstellen, die sich als Servicestelle für die Region versteht, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und gemeinsam mit den Akteur*innen der Region die o.g. Vorteile umsetzt und Herausforderungen der Region mittels Modellprojekten versucht zu lösen.

Herausforderungen, die sich monetär beziffern lassen:

  • Stilllegung der Holznutzung in Kernzonen (Einkommensverlusten durch die Stilllegung von Waldflächen steht die Möglichkeit zur Generierung von Ökopunkten im naturschutzrechtlichen Ökokonto nach Maßgabe der Ökokonto-Verordnung gegenüber. Wenn Kommunen Ökopunkte generieren möchten, werden die Flächen zunächst als Bannwald ausgewiesen und mit 4 Ökopunkten pro Quadratmeter vergütet. Anschließend wird der Bannwald durch die Verordnung des Biosphärengebiets als Kernzone ausgewiesen. Kernzonen stellen einen großen Mehrwert für die Biodiversität dar).
  • Finanzieller Beitrag der Kommunen für Personal und Förderprogramm des BSG (dieser ermöglicht aber Mitspracherechte im Lenkungskreis für strategische Entwicklungen des BSG und erhöht das Verantwortungsgefühl der Kommunen für das BSG).

Weitere Herausforderungen:

  • Eigeninitiative erforderlich (Ideen, Zeit für Abstimmungen, Arbeitsaufwand und in Bezug auf Förderprojekte auch finanzieller Eigenanteil)
  • Einschränkungen der Jagd in Kernzonen (Drückjagden sind erlaubt, durch regelmäßige Evaluation wird darauf geachtet, dass eine effektive Wildschadensverhütung möglich bleibt).
  • Ggfls. Verringerung der Jagdpacht auf Kernzonenflächen.
  • Schließen von den meisten Wegen in den Kernzonen, um die Nutzung der Kernzonen zu minimieren (wichtige Wege können nach Einzelfallbewertung offenbleiben oder verlegt werden)
  • Verbot von Bioziden (Mittel im nicht-agrarischen Bereich zur Bekämpfung von Schädlingen) in der Kern- und Pflegezone, um die Erhaltung der Artenvielfalt zu fördern (§ 30a BNatSchG)
  • Verzicht auf Pflanzenschutzmittel außerhalb intensiv genutzter Flächen in der Kern- und Pflegezone, um die Erhaltung der Artenvielfalt zu fördern (auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen in der Pflegezone ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach den Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes des Landes möglich; § 34 NatSchG)
  • Verzicht chemisch synthetischer Pflanzenschutzmitteln in privaten Gärten in der Entwicklungszone, um die Erhaltung der Artenvielfalt zu fördern (für biologische und chemische Pflanzenschutzmittel gibt es keine Einschränkungen; § 34 A NatSchG).

Hinweis:

Vom Biosphärengebiet gehen keine Einschränkungen für die Bewirtschaftung intensiv genutzter landwirtschaftlicher Flächen aus und es sind auch keine solchen geplant. Einige Landwirtinnen und Landwirte haben dennoch Sorgen, dass durch einen Beitritt zum Biosphärengebiet in Zukunft Einschränkungen für die Bewirtschaftung ihrer landwirtschaftlichen Flächen entstehen. Intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen können daher im Zweifel in die Entwicklungszone (Wirtschaftszone), anstatt in die Pflegezone aufgenommen werden. Seit Gründung des BSG haben bereits sehr viele Landwirtinnen und Landwirte vom BSG profitiert.

Ursprünglich war der Wunsch der Gemeinde Hohenstein, dem BSG mit der gesamten Gemeindefläche beizutreten. Damit wäre aber das Einbringen einer so großen Kernzonenfläche verbunden gewesen, die in Hohenstein aus wirtschaftlicher Sicht nicht realisierbar ist. Aufgrund der hohen Produktivität der Waldstandorte auf der Flächenalb kann Hohenstein kaum mehr Kernzone in das Biosphärengebiet einbringen, als die vom Gemeinderat bereits beschlossenen 53 ha im Kommunalwald. Mit einem Anteil von 1,0 % an der geplanten Beitrittsfläche, liegt dies unterhalb des vom Biosphärengebiet gewünschten Kernzonenanteils (2,5 % im Kommunalwald für Hohenstein). Die restliche erforderliche Kernzonenfläche wird anderswo im Biosphärengebiet gesucht. Auch mit einem Pflegezonenanteil von 6 % kommt Hohenstein nicht auf den erbetenen Anteil von 17 %. Dies liegt an der limitierten Flächengröße bestehender Schutzgebiete. Daher wurde die gewünschte Beitrittsfläche der Gemeinde Hohenstein reduziert.

Die Flächenvorschläge für Kern-, Pflege- und Entwicklungszone wurden von der Kommunalverwaltung gemeinsam mit dem Kreisforstamt und der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets abgestimmt und von einer vom Lenkungskreis eingesetzten „Arbeitsgruppe Zonierung“ mit Vertretenden aus Forst, Kommunen und Naturschutz fachlich geprüft. Angesichts der naturräumlichen Ausgangssituation unterstützt das Biosphärengebiet die Gemeinde Hohenstein darin, mit dieser vorgeschlagenen Zonierung dem Biosphärengebiet beizutreten.

Die Ausweisung von 17 % Pflegezonen (bezogen auf das gesamte Biosphärengebiet) ist erforderlich, um die UNESCO-Anerkennung des Biosphärengebiets zu erhalten. In Pflegezonen soll die Kulturlandschaft erhalten werden. Pflegezonen werden nur auf bestehenden Schutzgebieten ausgewiesen, da hier einzelne Auflagen für die Landbewirtschaftung vorliegen, über die die Pflegezone nicht hinausgehen soll. Damit ist das Kriterium einer rechtlichen Sicherung der UNESCO durch die vorhandenen Schutzgebiete erfüllt.

Bei der Erstausweisung des Biosphärengebiets vor 15 Jahren haben mehrere Kommunen keine Kernzone eingebracht, weil Größe und Besitzstruktur im Kommunalwald nicht mit der Ausweisung einer Kernzone vereinbar waren oder weil wirtschaftliche oder naturschutzfachliche Aspekte gegen die Ausweisung einer Kernzone sprachen. Im Zuge der Gebietserweiterung ergeben sich neue Möglichkeiten und es bringen jetzt fast alle dieser Kommunen neue Kernzonen in das Biosphärengebiet ein. Die Ausweisung von Kernzonen im Staatswald erfolgt unabhängig von kommunalen Grenzen.

Zur Klärung der Frage, ob Wildschäden durch Schwarzwild im Umfeld von Jagdruhezonen größere Ausmaße erreichen als in Gebieten ohne Jagdeinschränkung, wurde eigens eine Untersuchung im Biosphärengebiet Schwäbische Alb angefertigt (WFS_Bd14_Endbericht_Schwarzwildproblematik.pdf (landwirtschaft-bw.de)). Hierfür wurden im Zeitraum Januar 2012 bis Juli 2015 Wildschweine mit GPS-Halsbändern besendert. Die Hypothese, dass die Wildschäden durch Schwarzwild im Umfeld von Jagdruhezonen größere Ausmaße erreichen als in Gebieten ohne Jagdeinschränkung, bestätigte sich im Rahmen dieser Untersuchung nicht. Im Gegenteil waren die Grünlandschäden in drei Jahren in den beiden Gebieten mit jagdlichen Einschränkungen (Schwäbische Alb, Wurzacher Ried) geringer als im Altdorfer Wald bei uneingeschränkter Jagd. Die Einzeljagd auf Schwarzwild in den Kernzonen ist aus Sicht der Studie weiterhin nicht erforderlich. Hier genügen die bislang erlaubten jagdlichen Mittel (Drückjagd in der Kernzone in Verbindung mit intensiver Umfeldbejagung) zur Regulierung des Bestands sowie auch der Beschuss vom Rand der Kernzone in die Kernzone. Die Jagd in Kernzonen ist in der Allgemeinverfügung Jagd zum Biosphärengebiet geregelt. Erwartungsgemäß belegt die Raumnutzungsanalyse, dass die Streifgebiete der Wildschweine um ein Vielfaches größer sind, als die Kernzonen. Die Wildschweine verlassen regelmäßig die Kernzonen und können außerhalb der Kernzonen ohne Einschränkung bejagt werden.

Man darf nach wie vor noch jagen in Kernzonen, nur eben als Drückjagd (keine Beschränkung auf Anzahl der Drückjagden). Der Schuss von außen in die Kernzone hinein ist auch noch möglich. Nur Einzeljagd ist in der Kernzone nicht mehr möglich. Das kann die Jagd tatsächlich unattraktiver machen. Viele Kommunen reduzieren daher den Jagdpachtpreis für Reviere in denen Kernzonen liegen. Die Befürchtung, dass wegen einer Kernzone keine Jagdpächter mehr gefunden werden können, wird allerdings als unrealistisch eingeschätzt und hat sich so in den bestehenden Kommunen noch nicht bestätigt.

Die Gebietserweiterung des Biosphärengebiets führt zu keinen Einschränkungen für die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen in der Entwicklungszone (Wirtschaftszone). Auch in der Pflegezone gibt es keine Auflagen für die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen, die über die Auflagen der zugrundeliegenden Schutzgebiete hinausgehen. Sorgen von Landwirten über etwaige künftige Auflagen nehmen wir aber ernst, weil wir die regionale Landwirtschaft fördern möchten und Landwirte schon immer als Partner sehen. Wir regen aber an, „etwaige vermutete künftige“ Einschränkungen mit den „bestehenden“ Chancen des Biosphärengebiets für Landwirte gegenüber zu stellen: Mit einem Beitritt zum Biosphärengebiet ergeben sich für landwirtschaftlich aktive Akteur*innen monetäre Vorteile durch die Fördermöglichkeiten des Förderprogramms (200.000 Euro/Jahr, siehe Projektliste anbei). Im Bereich Landwirtschaft, Regionalvermarktung und Wertschöpfung wurden bisher sogar die meisten Projekte gefördert im Vergleich zu den anderen Handlungsfeldern des Biosphärengebiets: 154 Projekte seit 2008 mit 1,6 Mio. Euro Fördersumme und 4,1 Mio. Euro Gesamtinvestition (inkl. Eigenmittel). Hier nur einzelne wenige Projektbeispiele:

  • Förderung von Wertschöpfungsketten (Bag-in-Box-Anlagen, Brennereianlagen, Kornbürste für alte Getreidesorten, Ölmühle, Rettung Schlachthaus Westerheim etc.)
  • Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung (Sämaschine für innovative Sätechnik für Kulturengemenge, Mähtechnik zur insektenschonenden Mahd, Weidezäune für extensive Beweidung)
  • Verkaufsförderung regionaler und naturschutzorientierter Produkte (Verkaufsautomat und -raum, Website, Kühltechnik).

Über das Biosphärengebiets-Förderprogramm hinaus koordiniert die Geschäftsstelle des Biosphärengebiets viele weitere, meist deutlich umfangreichere Projekte. Diese Projekte haben in Summe einen finanziellen Umfang von ca. 1 Mio. Euro jährlich und werden durch Mittel des Haushalts des Landes Baden-Württemberg sowie durch Drittmittel (z.B. weitere Förderprogramme, Stiftungsmittel, Spenden) finanziert. Beispiele hierfür sind Aufwendungen für die Projekte ALBGEMACHT, Bio-Musterregion, Bienenstrom, Interkommunaler Schafstall Allmendingen, Ehingen, Schelklingen und weitere.

Die Geschäftsstelle des Biosphärengebiets unterstützt aktiv auch Antragstellungen bei weiteren Förderprogrammen wie AFP, ELR, LPR und Marktstrukturförderung bei den Kolleginnen und Kollegen im Regierungspräsidium Tübingen

Zu den weiteren Vorteilen und Chancen zählen mögliche Einkommenssteigerungen im Bereich Vermarktung regionaler Produkte und Weiterverarbeitung sowie durch Marketingmaßnahmen des Biosphärengebiets in diesen Bereichen, z.B. über die Regionalmarke ALBGEMACHT.

Zu den weiteren Vorteilen und Chancen zählen mögliche Einkommenssteigerungen im Bereich Vermarktung regionaler Produkte und Weiterverarbeitung sowie durch Marketingmaßnahmen des Biosphärengebiets in diesen Bereichen, z.B. über die Regionalmarke Albgemacht. Unter regionalen Produkten werden Produkte verstanden, die aus dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb oder dem unmittelbaren Umland stammen und die Kulturlandschaften sowie wertvolle Lebensräume und die Artenvielfalt fördern (z.B. Produkte aus Streuobst, Wacholderheiden, Schäferei aber auch Brot mit Getreide aus der Region etc.). Verbunden mit der regionalen Produktion ist immer ein Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt (bspw. Teilnahme an FAKT II).

Weitere Vorteile ergeben sich durch die umfangreichen Vernetzungsangebote im Biosphärengebiet, die Teilnahme an Projekten, Ideenwerkstätten, Rahmenkonzept und weitere.

Ziele des Biosphärengebiets im Handlungsfeldes Landwirtschaft:

  • Stärkung der regionalen Wertschöpfung und Regionalvermarktung
  • Erhalt regionaler Landwirtschaft
  • Schaffung finanzieller Anreize für Landwirt*innen (z.B. BSG Förderprogramm, LPR-Förderung und Projektmittel)
  • Förderung der Vernetzung von Landwirt*innen (z.B. durch AK, fachliche Veranstaltungen, Projekte etc.)
  • Unterstützung im Bereich Marketing (z.B. über das Biosphärengebiet, Albgemacht etc.)
  • Erhalt und Förderung einer biodiversitätsfreundlichen Bewirtschaftung
  • Unterstützung auch im Bereich Schäferei, Streuobst und Weinbau
  • Herstellung von Win-Win Situationen für Landwirt*innen (ökonomisch, sozial) und Natur

Zielgruppe: Konventionell und biologisch wirtschaftende Landwirt*innen

Beispiele für Beteiligungsmöglichkeiten und Projekte im Bereich Landwirtschaft, Regionalvermarktung und Wertschöpfung:

  • Naturschutzorientierte Regionalmarke Albgemacht: Gemeinsam erarbeitetes, attraktives Label für Produkte, bei deren Produktion ein Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt geleistet wird. (Link für weitere Informationen)
  • Bienenstrom: Bundesweit vermarkteter Ökostromtarif, in dem der Anbau von Mais zur Stromerzeugung in Biogasanlagen durch mehrjährige blühende Energiepflanzen ersetzt wird. (Link für weitere Informationen)
  • Bio-Musterregion: Förderung einer bio-regionalen Außer-Haus-Verpflegung (z.B. in Kantinen, Kitas, Schulen). (Link für weitere Informationen)
  • Förderprogramm des Biosphärengebiets: Das Förderprogramm „Biosphärengebiet Schwäbische Alb“ unterstützt innovative und nachhaltige Projekte in allen Handlungsfeldern des Biosphärengebiets, so auch im Bereich der Landnutzung und Regionalvermarktung. Beispiele der letzten Jahre sind:
    • Förderung der Wertschöpfungskette (Bag-in-Box-Anlagen, Brennereianlagen, Kornbürste für alte Getreidesorten, Ölmühle),
    • Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung (Sämaschine für innovative Sätechnik für Kulturengemenge, Mähtechnik zur insektenschonenden Mahd, Weidezäune für extensive Beweidung) und zur
    • Verkaufsförderung regionaler, naturschutzorientierter Produkte (Verkaufsautomat und -raum, Website, Kühltechnik). Jegliche bisherigen Förderprojekte sind auf der Website des Biosphärengebiet einsehbar. (Link für weitere Informationen)

Einschlägige Vorschriften sind hierbei § 30a BNatSchG (Verbot von Bioziden in den Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten) und § 34 NatSchG (Verbot von allen Pestiziden in Kern- und Pflegezonen, soweit nicht land- oder fischereiwirtschaftliche Flächen). Demnach stellt sich die Situation wie folgt dar:

  • Nach dem Bundesrecht ist grundsätzlich ein flächiger Einsatz von Biozidprodukten in Kern- und Pflegezonen Die Entwicklungszone von Biosphärengebieten ist hiervon ausgenommen.
  • Das Landesrecht regelt jeglichen Einsatz von Pestiziden, es gibt also keine Einschränkungen durch die Ausbringungsform („flächiger Einsatz“ oder „Spritzen oder Sprühen“). Das Verbot jeglichen Einsatzes aller Pestizide (Biozide und Pflanzenschutzmittel) gilt jedoch nur außerhalb der intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen der Kern- und Pflegezonen. Jede Fläche, die in irgendeiner Art landwirtschaftlich genutzt wird, gilt aber bereits schon als intensiv genutzt. Selbst Wacholderheiden und Streuobstwiesen gelten als intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen.
  • Im Einzelfall sind auf Antrag Ausnahmen von den Verboten möglich, die die höhere Naturschutzbehörde im Einvernehmen mit der höheren Forstbehörde erlassen kann.
  • Aufgrund des besonderen Schutzzwecks einer Kernzone sind Kalamitäten dort nur in Ausnahmen zu bekämpfen. Um ein Übergreifen von Borkenkäfern auf andere Wälder zu vermeiden, werden befallene Bäume aber entfernt.
  • In privaten Gärten ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auch in der Entwicklungszone verboten (§34 A NatschG). Der Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln ist erlaubt.

Es handelt sich bei dem Verbot des Einsatzes von Biozidprodukten (Mittel zur Schädlingsbekämpfung im nichtagrarischen Bereich) also nicht um die gesamte Kulisse des Biosphärengebietes, sondern nur um die Kern- und Pflegezone, die sich ohnehin zum größten Teil aus bereits bestehenden Schutzgebieten (Naturschutzgebiet, FFH-Gebiete u. ä.) zusammensetzt.

Sofern der Gemeinderat Hohensteins dem Vorschlag zustimmt, Pflege- und Entwicklungszonen in das BSG einzubringen, ist dies zunächst als Votum Hohensteins zu sehen. Im Oktober 2024 entscheidet der Lenkungskreis über den Vorschlag. Sofern hier zugestimmt wird werden die Vorschläge aller Kommunen an das Umweltministerium als Verordnungsgeber weitergeleitet. Es folgt daraufhin das öffentliche Auslegungsverfahren in allen Kommunen. Hier haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, Stellungnahme zu beziehen. Alle Stellungnahmen werden dann geprüft

In den Kernzonen können vom Borkenkäfer befallene Bäume zeitlich unbefristet weiterhin entnommen werden. Zuständig hierfür ist das Kreisforstamt RT. Zudem können Fichten über den Zeitraum von 10 Jahren nach Ausweisung als Kernzone in Hieben noch entnommen werden, um den Waldumbau zu beschleunigen und die Gefahr von Borkenkäferbefall zu reduzieren.

Sofern Einschränkungen auf die Flächenbewirtschaftung auferlegt werden (z.B. EU, Bund), die sich nur auf Biosphärengebiete beschränken, kann eine Gemeinde bei Bedarf einen Antrag auf Gebietsanpassung oder auch Austritt stellen.

Anpassungsklausel

Über den Antrag entscheidet zunächst der kommunaldominierte Lenkungskreis. Dessen Befugnis wird in der Vereinbarung des Landes BW mit den am BSG beteiligten Kommunen im folgenden Paragraphen festgelegt:

§ 3 Mitwirkung der Gebietskörperschaften an der Biosphärengebietsverwaltung

Die Gebietskörperschaften wirken an den grundsätzlichen Angelegenheiten der Biosphärengebietsverwaltung mit. Hierzu gehören u.a.

  1. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, soweit nicht schon durch das Rahmenkonzept festgelegt.

In § 4 ist die Form der Mitwirkung geregelt, hier kommt der o.g. Lenkungskreis ins Spiel:

Die Mitwirkung der Landkreise und Biosphärengebietsgemeinden erfolgt über

  1. den PLENUM-Beirat des Vereins „PLENUM Schwäbische Alb“ mit Sitz in Reutlingen zu § 3 Nr. 4 und 5, der für die Beratung über Angelegenheiten des Biosphärengebietes um je einen Vertreter der Regierungspräsidien Tübingen und Stuttgart sowie die Leitung der Geschäftsstelle des Biosphärengebietes als stimmberechtigte Mitgliederergänzt wird und
  1. einen Lenkungskreis zu den Angelegenheiten nach § 3 Nr. 1 bis 3.

Die Entscheidung des Lenkungskreises geht dann an den Verordnungsgeber, in dem Fall dann das Umweltministerium. Ist der Bedarf der Kommune gerechtfertigt, und bei einer Nutzungseinschränkung nur wegen BSG wäre diese gegeben, wird die Verordnung geändert (Kommune xy ist raus, Karten werden angepasst).

Info: Seit 1970 gibt es Biosphärenreservate in Deutschland. Bis jetzt ist noch keine Gemeinde ausgetreten in keinem Gebiet.